Wenn Skifahren zur Leidenschaft wird

Heliski in Kashmir

Seit ich 6 Jahre alt bin ist Skifahren meine Leidenschaft. Als Kind waren Ingmar Stenmark und Franz Klammer meine Idole, Stenmark mit seiner filigranen Technik beim Slalom und Klammer mit seiner draufgängerischen Kraft beim Abfahrtslauf haben mich schwer beeindruckt. Unterschiedlicher können Athleten auf dem Ski nicht sein, verbunden nur durch die Leidenschaft zum Skisport. Mein Weg führte mich vom Nachahmen der großen Idole auf der Piste über Skitouren auf die ewige Suche nach dem perfekten „Powder“ und den Ehrgeiz, derjenige zu sein, der die erste Linie in einen bis dato unberührten Hang zieht. Wie eine Sucht – Heliski ihre Droge.

Der Skitourenanbieter ist entscheidend

Gebucht habe ich die Reise über Flory Kern – Ski, Berge, Abenteuer (der Name ist hier definitiv Programm), m.E. der beste und professionellste Anbieter von Heliskireisen und Skitouren. Flory und seine Mannschaft (Bergführer, Piloten, Back Office – einfach alle) sind top Profis auf ihren Gebieten und v.a. tolle Menschen, mit denen man gerne eine intensive Zeit in den entlegensten Teilen dieser Welt verbringt.

Nach Kashmir fliegen ist definitiv was Anderes als Mal eben nach Malle und zurück. Unsere Flugroute verlief über Frankfurt – Bahrain – New Delhi – Srinagar, lang, und mühsam, aber ein guter Einstieg in das Abenteuer Kashmir. Schon etwas komisch war es, in Bahrain und Delhi mit Skischuhen am Rucksack herumzulaufen. Weitere Details der Anreise erspare ich Euch, ich empfehle aber jedem der eine solche Reise antreten will, sich mit den Einreisebestimmungen und der Sicherheitslage vertraut zu machen. Diese hat sich in Kashmir wegen des anhaltenden Konflikts zwischen Pakistan und Indien jüngst erheblich verschlechtert.

In Srinagar angekommen waren die örtlichen Beamten vom Zoll doch etwas überrascht eine Gruppe von Skifahrern zu sehen, die durch ihre farbenfrohe Kleidung eher an Kanarienvögel erinnern, in einem Land, das ansonsten hauptsächlich von dunklen Kaftans geprägt ist. Neben Kaftans bekommt man hier sonst nur noch Militärkleidung zu sehen…

In Srinagar hat uns Flory mit einem Kleinbus abgeholt und wir fuhren ca. 8 Stunden (das sind 4 Stunden nach Flory’s Uhr) lang in die Berge des Himalajas bis wir endlich unser Ziel Pahalgam im Bundesstaat Jammu und Kashmir auf 2,200 m erreichten.

Unterkunft

Pahalgam Hotel

Im Pahalgam Hotel angekommen erfuhren wir ein wirklich herzliches Willkommen. Jedem Zimmer war eigens ein Bediensteter zugewiesen, der uns schon morgens früh mit Tee weckte. In dem einfachen aber sauberen Hotel hat es an nichts gefehlt – na ja außer Alkohol vielleicht. Die Indische Küche war erstklassig und die perfekte Stärkung für die kommenden Tage im Höhen-Powder.

 „No friends on a powder day.“,

sagte Axel und nahm mir die erste unverspurte Abfahrt im Pulverschnee (oder war ich das? – egal).
Insgesamt 12 Gäste wurden in 3 Gruppen aufgeteilt, denen jeweils 1 Bergführer zugewiesen wurde. Flory hat unseren Heli Marke Lama in New Delhi gechartert und den Piloten seines Vertrauens eigens aus Europa mitgebracht. Unser Pilot Marco sollte über die nächsten 7 Tage seine Flugkünste unter Beweis stellen. Wetter und Bedingungen waren uns wohl gesonnen. Die zwei Wochen vor unserer Ankunft schneite es viel, dann änderte sich die Wetterlage und wir konnten an 7 Tagen bei strahlendem Sonnenschein die einmaligen Abfahrten im perfekten Pulverschnee des Himalyas genießen. Unglaubliche 12 bis 15 Runs konnte jede Gruppe pro Tag fahren. Insgesamt ca. 65.000 Höhenmeter war die Bilanz nach dieser Wahnsinnswoche.

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 Als die Luft dünn wurde

Unbeschreibliche Kulisse

Der höchste Punkt den unser Pilot anflog lag bei 5.300 Meter ü.NN.. Selbst für gut trainierte ist die Luft hier verdammt dünn, was ich bereits beim Zuschnallen der Skischuhe merkte. Die Aussicht entschädigt aber für alles – top of the world. Wenn man glaubt man ist ganz oben, dann schaut man hier nochmal viel höher auf die 8.000er des Himalayas.

Noch berauschendere war jedoch die erste Abfahrt. Unser Bergführer Florian Hellberg gab den Weg vor mit der Ansage, links von meiner Spur mit 100 Meter Abstand und auf geht’s ins jungfräuliche Weiß. Den Anweisungen des Bergführers sollte man besser Folge leisten, bei der Abfahrt erkannte ich steile Felsabstürze – rechts von seiner Spur. Ein Phänomen wie unser Führer ein Gebirge lesen und einschätzen kann. Außer jahrelanger Erfahrung erklärte er mir, dass er beim Hochfliegen mit dem Heli die Line auswählt – dazu braucht man doch ein photographisches Gedächtnis, oder?

 Waldabfahrten auf 4.000 m.ü.NN

Waldabfahrten über 4.000 Metern Höhe, ist das möglich? Ich dachte immer, dass die Baumgrenze auf der ganzen Welt gleich ist. Das ist falsch, in Kashmir wachsen Bäume noch bis ca. 4.000 Meter ü.NN. Wir hatten entsprechend „geile“ Waldabfahrten (Treeruns). Dafür wurde der Schnee aber ab ca. 2.500 Meter ü.NN schon zu sulzig…

Wunderbar, herzliche Menschen in Kashmir

Das Straßenbild in Pahalgam ist überwiegend (ausschließlich) von Männern (in Kaftans) geprägt. Das rege Treiben auf der Dorfstraße lädt ein zu einem Tee in einem der zahlreichen Cafes oder zum Kauf eines – richtig – Kaschmir Schals! Davon gibt es tatsächlich genug und zwar in Top-Qualität für unglaublich niedrige Preise.

Am meisten beeindruckt hat mich die Herzlichkeit und Freundlichkeit der Menschen. Ihr Lachen, die strahlenden Augen und ihre Gastfreundschaft sind ehrlich. Ich fühlte mich sofort willkommen. Es war eine besondere Ehre nach Hause zum Tee eingeladen zu werden.

Entlegene Bergdörfer

Eine unserer Abfahrten führte uns in ein entlegenes Bergdorf. Da trafen zwei Welten aufeinander. Mit unseren faschingsähnlichen Kostümen fielen wir doch ein ganz klein wenig auf. Die Kinder und Jugendliche im Ort hatten einen Riesenspaß mit unserer Ausrüstung die Hügel herunter zu fahren, die sie sonst mit meist selbst gebauten Ski und Schlitten fuhren.

Tipps zur Ausrüstung

Meine Anfänge beim Skifahren waren geprägt von alten Holzlatten mit Zugbindung und Lederschuhen und danach von 2,20 Meter langen Fischer Racing Cut (natürlich mit klappbarem Parablack), die im Tiefschnee sofort auf Tauchstation gingen. Glücklicherweise hat sich in der Ausrüstung so einiges getan. In Kashmir hatte ich einen Ski mit 120mm Breite unter der Bindung, den Pioneer von Powder Equipment. Eine echte Waffe im Powder und sehr zu empfehlen. Der Ski ist ultra leicht und eignet sich daher auch ganz gut zum abfahrtsorientierten Tourengehen (für anspruchsvolle Aufstiege ist er allerdings etwas zu breit) . Bei der Bindung habe ich mich für die Dynafit ST Radical entschieden . Passt gut zum Ski und bietet eine ideale Kraftübertragung, da man sehr nah am Ski steht.

Hilfreicher Tipp: Bei der Dynafit Bindung sammelt sich gerne Eis unter dem Vorderbacken, welches zum ungewollten Auslösen der Bindung führen kann. Daher Bindung vor dem Transport im Heli immer zu machen – das verhindert, dass sich Eis ansammeln kann und gewährleistet auch einen schnellen Einstieg in den Ski wenn’s mal hektisch wird.

Mein restliches Equipment bestand aus:
  • Skischuhe: K2 Pinnacle mit Gehmechanismus, 130 Flex
  • Rucksack: ABS oder alpride von Scott sind natürlich Pflicht beim Heliski sowie
  • LVS, Schaufel und Sonde
  • Klamotten: Da sind die meisten Gore Funktionsklamotten tauglich, ich bevorzuge: Hose – Norrona Lofoten Gore-Tex Pants (Hosen von Norrona sind konkurrenzlos) , Jacke – Norrona Lofoten, Daunen Jacke Norrona, Unterwäsche 200er Merrino.
  • Helm: Ist beim Heliski empfohlen aber nicht zwingend erforderlich. Ich habe einen Trooper
  • Handschuhe (ganz wichtig): Hestra Fingerhandschuhe und für ganz kalte Tage Hestra Fäustlinge

Srinagar – eine Nacht auf dem Hausboot

Unseren letzten Abend haben wir auf einem Hausboot in Srinagar verbracht. Dort haben wir uns versprochen, darüber nicht zu berichten. What happens in Srinagar, stays in Srinagar…

Dankeschön

Unsere Skigruppe

Mein Dank für dieses spektakuläre Abenteuer gebührt vor allem Flory Kern und seiner Mannschaft, die diese Reise perfekt organisiert haben. Großartig waren auch Bernd Adler und Florian Hellberg unsere Bergführer, sowie unser „Teufelspilot“ Marco und alle anderen, die dabei waren. Es war unvergesslich schön.

 

 

Ich hoffe der Bericht hat Euch gefallen. Meine nächste Heliskireise geht nach Georgien. Diesmal ins Steep and Deep Camp und natürlich wieder mit Flory Kern.

Einen weiteren spektakulären Reisebericht über ein ungewöhnliches „Skigebiet“ findet ihr in unserem freundeunterwegs.com-Blog. Axel schreibt über seine Erlebnisse in der Antarktis.

 

 

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